Wenn auch viele Beteiligte vom Werkstattverfahren enttäuscht waren, bei der Bürgerbefragung haben erstaunlich viele Potsdamer mitgespielt. Das Ergebnis ist inzwischen hinlänglich bekannt. In der durch die politischen Prozesse erzwungenen Standortentscheidung haben sich zwei Drittel der Beteiligten für den zentralen Brauhausberg entschieden. Nur ein Drittel, vor allem aus dem Potsdamer Norden, stimmte für den Neubau am BUGA-Park. Ein solches Stimmenverhältnis hätte man möglicherweise auch ohne den langwierigen Workshop erzielen können. Sein einziges nachwirkendes Resultat dürfte die Bestätigung sein, dass der Brauhausberg in der Bevölkerung als zweckmäßiger Standort empfunden wird. Dies sollte nun auch im Bewusstsein der Politik angekommen sein.
Potsdam geht baden und freut sich auf ein neues zentrales Schwimmbad. Baden gehen aber auch die Stadtoberen und ihre Rathauskooperation, allerdings mit weitaus weniger Spaß. Denn der nun umzusetzende Bürgerwille ist für sie eine heftige Ohrfeige. Der Oberbürgermeister zeigte sich bei der Präsentation der Ergebnisse demonstrativ gelassen und lobte die große Beteiligung der Bürger, ganz so, als ob er mit all den Auseinandersetzungen im Vorfeld nichts zu tun hätte. Der gesamte Prozess rund um die Schwimmbadfrage hat aber gezeigt, dass der selbstbezogene Stil in der Stadtentwicklungspolitik nicht länger funktioniert. An den Potsdamer Bürgern kommen auch ihre Vertreter nicht auf ewig vorbei. Wie zuvor angekündigt, hat die Stadtverordnetenversammlung in ihrer Sitzung vom 6. Juni das Befragungsergebnis respektiert, politisch abgesegnet und damit zugleich alle früheren Beschlüsse aufgehoben. Für alle, die sich als einfache Bürger engagiert haben, ist dies zweifellos ein Sieg, schließlich haben sie sich von der bloßen Rolle des Wahlvolkes gelöst und ihre Unzufriedenheit in produktive Bahnen gelenkt. Und der Erfolg motiviert dazu, weiterzumachen und sich an der Meinungsbildung zu beteiligen.
Eine wichtige Frage wurde nun also entschieden, aber unzählige neue tauchen auf. Wie soll der Brauhausberg in Zukunft konkret aussehen? Wird es neben dem Schwimmbad eine Wohnbebauung geben, oder konzentriert man hier öffentliche Funktionen? Wäre, wenn nicht am Lustgarten, vielleicht hier die neue Kunsthalle denkbar? Lässt sich das ehemalige Restaurant »Minsk« in die Neuplanungen einbinden, und was passiert mit dem Areal des Noch-Landtags? Der Oberbürgermeister und die Parteien haben zu einigen dieser Fragen bereits eine feste Auffassung. Und auch die finanzielle Kraft der örtlichen Prominenz hat, gewollt oder ungewollt, einen enormen politischen Einfluss. Um nun die alten Fehler zu vermeiden, ist für´s erste ein städtebaulicher Wettbewerb angekündigt worden, der Ideen entwickeln und mögliche Lösungen aufzeigen soll. Vorausgesetzt, die offene Bürgerbeteiligung bleibt keine Eintagsfliege, wäre dies ein weiterer Schritt hin zu einer von allen Einwohnern mitgetragenen Stadtentwicklung.
von Gunnar Tessin
Ende… (Vorerst)